Freitag, 4. Oktober 2019

REQUIEM FÜR MAY VON RIEDEMANN



25. Februar 1933, Hamburgischer Correspondent

Vor ein paar Wochen läuteten hier die Glocken für Geheimrat Cuno – heute am Morgen sammelte sich der hiesige und auswärtige Freundeskreis der Familie von Riedemann in der St. Marienkirche Danzigerstraße zur ernsten Stunde des Abschieds. Mit schnellem Griff und ganz unerwartet hat der Tod hier zugepackt. Für kurze Zeit auf ihrem schönen ländlichen Besitz in Barsbüttel, erkrankte Frau von Riedemann an einer schweren Grippe, die bald nach ihrer Überführung ins Marienkrankenhaus zu ihrem Tod geführt hat, ohne dass sie noch ein letztes Beisammensein mit ihrem Gatten erleben durfte. Viele danken ihr viel. Ohne große Geste des Gebens ist von dieser Hand oft gegeben worden. Das wussten damals, als der Krieg umging, die Frontsoldaten, die sie im Kriegslazarett ihres Hauses am Harvesterhuderweg in ihrer frischen Art mit pflegte. Das wissen heut die vielen einfachen Leute der Gemeinde, auch wenn es nicht ihre Art war, große Worte darüber zu verlieren.
Requiescat in pace ­– steht in schwarzen Buchstaben auf dem weißen Altartuch. Unter einer Fülle von weißem Flieder der Sarg zwischen den vielen flackernden Kerzen. Dechant Wintermann hält das feierliche Totenamt unter Assistenz zweier Geistlicher. Er wendet sich nach Beendigung des Requiems an Dr. Tonio von Riedemann und die Angehörigen der Familie: „Wenn der Tod kommt, wird es still im Haus. Wenn er so schnell und eilig kommt, ist er doppelt hart. Aber der Tod ist auch ein Bote Gottes und der einzige Trost, den wir haben, ist das credo in vitam internam. Nur einer ist, der ihnen wiedergeben kann, was sie verloren haben, wie er der Verstorbenen die ewige Ruhe geben wird. So bleibt eins, die frohe Hoffnung, dass der Tod nicht auslöschen kann das Band der Liebe.
Die Beisetzung erfolgte darauf im Ohlsdorfer Mausoleum der Riedemannschen Familie.